Das Dorf der toten Katzen

Auf dem Weg zur Arbeit fahre ich gute 20km (einfache Strecke) über Land. Bis auf eine Ausnahme für ca. 1,5 Jahre seit 25 Jahren immer den Großteil der gleichen Strecke. Außer ca. 300 Meter Bundesstraße nur Landstraße. Keine Stadt, nur Dörfer oder „Nichts“.
Vor ein paar Jahren sah ich erstmals Kater. Ein kleiner schwarzer Kerl, der- noch recht jung- durch die Weiden und Wiesen streifte. Ich sah ihn aufmerksam gucken. Ich sah ihn Beute tragen. Immer fein- wenn ich näher kam- damit vom Straßenrand ins rettende Grün huschen. Braver Kater!
Ich sah ihn älter- und größer werden. Naja, wirklich „groß“ wurde er nicht, er blieb eher klein. Aber sein Kopf… der sagte ganz klar: Dieser Kater muss Kater heißen.
Meistens sah ich ihn am Morgen auf der Suche nach Beute. Nur ganz, ganz selten am Abend. So begleitete Kater etwa 2- 3 Jahre meinen Arbeitsweg, und ich wünschte ihm steht’s einen „Guten Morgen Kater“, wenn ich ihn sah. So ein kleiner, großer, stolzer Kerl!

Am 06.04.2011   war ich wie üblich auf den Weg zur Arbeit. Ich entdeckte einen schwarzen Fleck auf der Straße, als ich um die Kurve bog.

Nur noch schwarze Fellreste erinnerten an Kater. Kaum noch als Katze zu erkennen. Mitten auf der Straße.

„Gute Reise süßer Kater.“

Es dauerte gar nicht lange, da entdeckte ich auf der gleichen Wiese eine „neue“ Katze. Viel weiß, hier- und da einen getigerten Fleck. Auch sie war noch recht jung, klein und zierlich.

Auch sie war augenscheinlich am frühen Morgen auf Beutefang. Weit weg von der Straße.

„Bleib bloß da kleine Mietz“ sprach ich ihr in Gedanken zu.
Sie tat es. Wann immer ich sie am Morgen sah, saß sie in der Wiese. Nie nah an der Straße.
Es dauerte gar nicht lange, da sah ich sie. In der Kurve am linken Fahrbahnrand liegen. Die gleiche Kurve, an deren Ausgang ich auch Kater sah. Ich hielt an. Sie war ganz heil. Aber tot.

„Kater wird Dich abholen kleine Mietz“

Kurz darauf lag eine tote Katze am Ortsausgang rechts neben der Straße. Grau- weiß. Auch recht viel weiß, aber weniger als kleine Mietz.

Lauf schnell, kleine Maus. Die zwei warten schon auf Dich“

Die Abstände wurden immer kürzer. Eine neue, kleine, offenbar noch recht junge Katze in den Wiesen. Bräunlich- schwarz getigert mit weiß. Ich sah sie erstmals in diesem Frühjahr. Sie schien mir aus dem letzten Herbst zu stammen. Ich wagte kaum noch hinzuschauen. Wollte ihr keinen „Namen“ geben.

Da lag sie morgens am linken Rand an der Brücke über den kleinen Bach.

„Ach Süße….“        

Immer wieder kommt nach einer toten, eine neue Katze die ich sehe. Ich will schon gar nicht mehr.

Ein fast golden- schwarz schimmernder Tiger mit weißen Füßen und einem weißen Latz. Letzte Woche gesehen, gestern lag sie tot am rechten Rand der Brücke über den Bach.

„Lauf Mietzel, lauf schnell“

Ein kleines Dort, idyllisch gelegen. Viele Weiden und Wiesen am Ortseingang. Einzelne Häuser, oft abseits der Straße. Ein Bach, der sich durch die Landschaft zieht, regelmäßig von einem Fischreiher belagert. Der „Ortskern“, bebaut. Große Grundstücke, einige Häuser sehr abseits. Am Ortsausgang gibt es dann wieder nur Felder und unendlichen Weitblick. Echt schön…

Und eine Landstraße.

Kater, kleine Mietz, kleine Maus, Süße und Mietzel lagen alle fünf tot am Morgen an der Straße. Vielleicht auf dem Weg nach Hause. Nach erfolgreicher Jagd. Oder um sich ihr Frühstück abzuholen.

Vielleicht hatten sie alle unterschiedliche Menschen. Vielleicht wurden sie einfach nach ihrem Tod ausgetauscht.
Ein kleines Dorf. Wunderschön gelegen. Mit einer Landstraßen mittendrin.